ZÜRICH/ Opernhaus: LES PÊCHEURS DE PERLES – Vom Running Gag der Perlenfischer

06.07.2023 | Oper international
Foto © Suzanne Schwiertz

Georges Bizet: Les Pêcheurs de perles • Opernhaus Zürich • Vorstellung: 05.07.2023

(4. Vorstellung • Wiederaufnahme: 23.06.2023 • Premiere am 18.09.2010)

Vom Running Gag der Perlenfischer

Während der Intendanz von Alexander Pereira gehörte die Frage nach Bizets Perlenfischern als quasi-fixes Traktandum zu den Generalversammlungen des Opernhaus Zürich. Am 18.09.2010 wurde die jeweils fragende Person erhört und dank ihrer überragenden Qualität ist die Inszenierung gegen Ende der Folge-Intendanz (Sommer 2025) noch immer im Repertoire. Schon in der Premiere sang die Zürcher Entdeckung und Publikumsliebling Javier Camarena die Rolle des Nadir.

Die Inszenierung von Jens-Daniel Herzog verzichtet auf jeglichen Südsee-Zauber, denn ihr geht es, wie schon Bizet, nicht um den romantisch verklärten Blick auf eine ideale Gesellschaft. Mit diesem Freilegen der Handlung und der Ansiedlung in einem Hochsee-Fisch-Trawler (Bühnenbild: Mathis Neidhardt), wir auch klarer, worum es Bizet ging: die Gefahren politischer Systeme, die auf Unterdrückung basieren (das Thema ist universell, denn ursprünglich sollte die Handlung unter mexikanischen Indianern angesiedelt werden, und wurde dann, vermutlich mit Rücksicht auf das französische Engagement bei der Krönung Maximilians zum Kaiser von Mexiko, nach Ceylon. Die von Félicien-César David in die französischen Musik eingeführte Exotik ist schon lange nicht mehr Selbstzweck. In diesem Schiff müssen die Arbeiter in der untersten Etage im Akkord arbeiten, während die Teppich-Etage dieser Unterschicht ein Etage darüber residiert. Ganz oben, auf Deck, ist die Lichtgestalt (sic!) der Priesterin Léïla daheim. Aber auch das ist nur schöner Schein (Kostüme: Sybille Gädeke), denn sie hat Feierabend, den sie im Trainings-Anzug verbringt. Über allem prangt das Motto «Le bonheur du travail» («Das Glück der Arbeit»; für Herzogs Sensibilität spricht, dass er nicht die wesentlich bekanntere Formulierung verwendet hat). Jens-Daniel Herzogs Inszenierung ist damit ein Musterbeispiel dafür, wie der Zuhörer mit einem geordneten Konzept zu Assoziationen angeregt werden kann. Die Themen reichen von Macht und Unterdrückung bis hin zum Umgang mit der Natur.

Die Philharmonia Zürich spielt unter Leitung von Nicholas Carter atemberaubend schön. Der «Perlenfischer-Klang» ist sofort da und lässt nicht mehr los, die Streicher schmelzen nur so dahin und die Bläsersoli, besonders die Hörner, sind von auserlesenem Wohlklang. Keine Wünsche offen lässt der Chor der Oper Zürich (Choreinstudierung: Janko Kastelic), szenisch unterstützt vom Statistenverein am Opernhaus Zürich. Besonders eindrücklich gelingt die Darstellung der unterdrückten Arbeiter und deren Ausbruch aus ihrem Korsett.

Die Leistungen der Solisten haben sich gegenüber der letzten Vorstellung deutlich verbessert. Die Stimme von Ekaterina Bakanova als Léïla ist an diesem Abend sicherer geführt und benötigt keinen Anlauf. Ihre grossen Szenen («Dans le ciel sans voile», «Me voilà seule dans la nuit…Comme autrefois») kann sie souverän gestalten. Ebenfalls sicherer klingt Javier Camarena als Nadir. Wo er sich nun nicht mehr allein darauf konzentrieren muss, die Töne zu erreichen, kann auch er beginnen, mit der Stimme zu gestalten. Und gleich ist die für ihn so charakteristische Musikalität und der unnachahmliche Schmelz seiner Stimme wieder da («Je crois entendre encore»). Etienne Dupuis gibt mit frischem, schier endlos strömendem Bariton einen in seinen Emotionen etwas zurückhaltenden, aber überzeugenden Zurga. Seine etwas herbere Stimme bildet einen guten Kontrast zu Camarenas Nadir. Hubert Kowalczyk als  Nourabad ist die ideale Ergänzung des Trios.

Ein grosser Opernabend!

Weitere Aufführungen: Fr. 07. Juli 2023, 19.00 und So. 09. Juli 2023, 20.00.

05.07.2023, Jan Krobot/Zürich

 

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